Harry Potter und der Stein der Weisen

Studio

Warner Bros. (2001)

Verleih

Warner Home Video (2002)

Laufzeit

146:05 min.

Regie

Chris Columbus

Darsteller

Daniel Radcliffe, Rupert Grint u.a.

DVD-Typ

2 x DVD-9

Fernsehnorm

PAL

Bitrate

6.55 Mbps

Bildformat

2,35:1 (anamorph)

Audiokanäle

Deutsch, Dolby Digital 5.1 EX
Englisch, Dolby Digital 5.1 EX
Niederländisch, Dolby Digital 5.1 EX

Untertitel

Englisch, Deutsch, Deutsch für Hörgeschädigte

Regionalcode

2,4

Verpackung

Digipak

Preis

ca. 20-25 EURO
Film 

"Harry Potter" ist als Musterbeispiel für einen vollkommen außer Kontrolle geratenen Medien-Hype zu bezeichnen, der die entsprechenden Folgen nach sich zog. So dürfte es unzählige Leser geben, die sich die Romane über den Zauberschüler nur deswegen zu Gemüte geführt haben, weil er eben gerade "in" ist und auf der anderen Seite dürfte sich so mancher Massenveranstaltungsverweigerer von dem ganzen Trubel abgeschreckt gefühlt und das Buch schon aus Prinzip nicht in die Hand genommen haben. Letzte Wahrheiten sind hier selbstverständlich fehl am Platze, aber es darf durchaus angemerkt werden, dass die bisher erschienenen Bände zwar kaum die massiven Übertreibungen rechtfertigen (aber wo war das schon jemals der Fall ?), sich aber als weit überdurchschnittlich gute Unterhaltung erwiesen haben, mit einem bemerkenswerten Gespür für die richtige Dosis an Spannung und Humor, mannigfaltigen Figuren, die Raum für die eigene Vorstellung lassen (auch wenn mit zunehmender Bandzahl die Tendenz zu einem gewissen schwarz-weiß Schema leider langsam ansteigt) und vor allem einer unglaublichen Fülle kleiner Details am Rande, die alle Bereiche erfassen, von den Gebräuchen, der Geschichte, den Gerätschaften, bis zu den Gewohnheiten der Personen (und Unpersonen), die das Ganze wunderbar abwechslungsreich, stets aufs Neue überraschend und damit mehrfach lesenswert machen.
Bei solchen Voraussetzungen steht eine Verfilmung zunächst mal vor einigen Problemen, denn wenn eine Sache klar ist, dann die, dass es ein Ding der Unmöglichkeit darstellt, die Vorstellung aller, oder auch nur eines überwiegenden Teils der Leser zu treffen. Und da die Entscheidung darüber rein subjektiver Natur ist, lässt sich letztlich auch kein allgemeingültiges Urteil erlauben; Anmerkungen, wie die, dass Alan Rickman als Snape geradezu die Idealbesetzung darstellt, könnte mit vollem Recht von anderen, deren eigene Lesephantasie eine alternative Abzweigung genommen hat, ebenso voller Inbrunst widersprochen werden. Zum Thema Film und Vorlage kann jedoch angemerkt werden, dass der Super-Gau einer Literaturverfilmung glücklicherweise nicht eingetreten ist, der darin bestanden hätte, durch mutwillige Eingriffe in die Geschichte dieser einen bleibenden Schaden zuzufügen, der sich womöglich auf das Lesegefühl übertragen und die erneute Lektüre vergiften könnte.
Entfernt man sich nun mal vorsichtig vom Roman und sieht sich "Harry Potter" allein als Filmkunstwerk an, dann lässt sich einer der prägendsten Eindrücke am besten damit wiedergeben, dass es sich um einen ausgesprochen bunten Film handelt. Und dabei ist keineswegs nur die visuelle Gestaltung angesprochen, auch wenn es auf diese natürlich auch zutrifft, glänzt der Film doch mit einer prächtig illustrierten Inszenierung in prallen Bildern, die in jedem Moment, auch in den (in Hinblick auf die angemessene Stimmung erfreulicherweise ausgesprochen zahlreich vertretenen) düsteren Szenen, mit kräftigen Tönen eine überreale Atmosphäre hervorrufen, die einem großen Film des fantastischen Genres auch zukommen sollte. Aber bunt ist auch die beste Beschreibung für die übrige Gestaltung, die akustischen Sensationen, den quicklebendigen Szenenaufbau und selbst den Aufbau des Drehbuchs. Zwar hetzt der Film nie unnötig kurzatmig voran, sondern lässt immer genügend Zeit und Raum, um den Zuschauer nicht einfach zu überwältigen, aber er teilt unverkennbar seine geistigen Wurzeln mit denen eines perfekt durchorganisierten Jahrmarkts, dessen Ziel es ist, keinen seiner Besucher mit leerem Magen nach Hause zu lassen. Und es lässt sich kaum leugnen, dass dieses Versprechen voll eingelöst wird; soviel, wie bei "Harry Potter" zu sehen und erleben ist, reicht sonst für ein gutes Dutzend an durchschnittlichen Blockbustern.
Was dem Leinwandwerk dagegen fehlt, und zwar gerade deshalb, weil er soviel Inhalt wie möglich aus dem Buch herüberretten und zum allgemeinen Vergnügen ausbreiten konnte, ist das richtige Maß an innerem Zusammenhalt, das eine Filmgeschichte unabhängig von den offensichtlichen Handlungssträngen ausmachen sollte. Dieses unbestimmte Momentum, das einen in die Handlung hineinsaugt und Teil des Geschehens werden lässt, bis dann erst im Laufe des Abspanns das reale Leben wieder seine Vorrechte einfordert, statt nur von außen auf ein fraglos unterhaltsames, aber doch durch einen unsichtbaren Graben sicher abgetrenntes Spektakel zu schauen. In seiner ins episodenhafte spielenden Erzählstruktur, bekommt "Harry Potter" als Film zuwenig eigenständige Kontur und hat ein bisschen etwas von einer Illustration zum Roman in bewegten Bildern.

Da diese jedoch, wie schon erwähnt, so überragend gelungen sind und auch die Aspekte Spannung und Spaß eigentlich keine Wünsche offen lassen, hat "Harry Potter" seinen Erfolg auch als Film indes mehr als verdient, immerhin hat er es durch das exzellente Zusammenwirken sämtlicher Beteiligter, von den Darstellern, über den Regisseur, bis hin zum Drehbuchautor dazu gebracht, in die nicht unbedingt unter akuter Überbevölkerung leidende Riege jener Hollywoodprodukte aufgenommen zu werden, welche die absolute Garantie dafür bieten, dass man sie sich immer wieder zu Gemüte führen kann, ohne dass es selbst beim x-ten Male zu ernsthaften Ermüdungserscheinungen kommen wird. Und sogar für eingefleischte Literaturfreunde hat die Verfilmung den einen oder anderen Vorteil zu bieten, nämlich beispielsweise in einer Sequenz wie dem Quidditch-Spiel (für Potter-Novizen: ein Mannschaftssport, der mit fliegenden Bällen von auf Besen durch die Luft sausenden Mitspielern bestritten wird, zu Einzelheiten wird auf einschlägige Standardwerke wie "Quidditch Through The Ages - Quidditch im Wandel der Zeiten" verwiesen) die aufgrund ihres Actiongehaltes "live" einfach wirklich viel besser wirkt, als nur auf dem Papier.

Wer bislang mit Harry Potter noch nichts zu tun hatte, sollte allerdings lieber zunächst das Buch lesen, bevor er sich die Verfilmung anschaut. Denn es ist nicht zu übersehen, dass "Harry Potter und der Stein der Weisen" primär für diejenigen gemacht wurde, die bereits das Buch gelesen haben. Alle anderen werden sich vielfach überrannt vorkommen von dieser zwar einerseits recht pedantischen, aber nur wenig erklärenden Film-Umsetzung. Alleine für sich betrachtet, bietet der Film zuwenig Story, dafür aber um so mehr kindgerechten Humor und eine Action-Inszenierung, die vornehmlich durch Special Effects auffällt, aber die Dramatik zugunsten einer möglichst niedrigen Altersfreigabe auf ein Minimum reduziert. War der Roman von J.K. Rowling ein modernes Fantasy-Märchen, dass trotz einiger Schwächen sowohl Kinder als auch teilweise Erwachsene ansprach, so werden von dem Film primär Kinder angesprochen, so als ob Erwachsene nur noch die Funktion erfüllen würden, als Erziehungsberechtigte für ihre kleinen Quengelgeister die Kino-Karten zu bezahlen.

 

Bild 

Man mag es kaum glauben, aber Warner hat es wirklich hingekriegt, den neben "Herr der Ringe" derzeit wichtigsten Titel zu "vermurksen". Nicht in der Hinsicht, dass die DVD wirklich miserabel ist, aber sie entspricht nicht dem Qualitätsniveau, welches man inzwischen von den meisten neuen Filmen gewohnt ist. Dies liegt vor allem an dem zu steilen Kontrastumfang, der für ein unnatürliches Bild sorgt. Solche Farb- und Kontrastwerte war man bislang nur von unabhängigen DVD-Anbietern gewohnt, die in Eigenregie gern die Abtastung einer Kinokopie vornehmen - aber Warner? Das Bild überstrahlt leicht und wirkt sowohl was die Schärfe als auch die Farben angeht, etwas verwaschen. Zudem stimmen die Farbwerte häufig nicht: Gesichter haben immer einen starken Orange-Ton und der Rasen, auf dem die jungen Zauberlehrlinge zum "Quidditch" antreten, sieht auch etwas zu hellgrün aus. Weiterhin zieht das Bild stellenweise etwas nach und neigt bei Schwenks zu leichtem Zittern. Auch die Kompression ist nur befriedigend und produziert ein leichtes Blockrauschen.

Auf dem ins Kinderzimmer ausrangierten Alt-Fernseher mag das alles zwar nicht sonderlich stören, doch höheren Qualitätsansprüchen wird diese DVD leider nicht gerecht.

 

Ton 

Der Sound ist weitaus beeindruckender als das Bild. John Williams hat hier mit seinem Orchester eine regelrechte "Harry Potter-Symphonie" erschaffen, denn der Score wird nicht nur für atmosphärische Elemente genutzt, sondern spielt in beinahe jeder Szene, in der es irgendwie passt, bombastische Musik-Partituren mit hoher Dynamik ab. Diese erschaffen eine sehr räumliche Kulisse mit einer durchgehend überzeugenden Surround-Wiedergabe. Allerdings wirkt die Musik häufig auch dramatischer als das, was man auf dem Bildschirm sieht und daher stellenweise etwas zu kitschig-überladen. Surround-Effekte werden weniger genutzt, bzw. gehen in dem Musik-Overkill auch schon einmal unter. Deutlich mehr Priorität kommt den Surround-Effekten vorwiegend in den "Quiddich"-Szenen zuteil.

 

Special Features 

Zunächst muss man leider anmerken, dass nicht nur der Film selbst, sondern auch diese DVD sehr einseitig auf die jugendliche Zielgruppe zugeschnitten ist. Inzwischen übliche Extras wie z.B. einen Audio-Kommentar sucht man auf dieser DVD vergeblich. Zum Großteil sind die Extras auch nur Spielereien, die auf einem derart niedrigen Niveau angesiedelt sind, dass Harry Potter-Fans hier kaum etwas Neues erfahren. Die auf den ersten Blick einen recht großen Umfang an Extras suggerierenden Menüpunkte entpuppen sich als viel heiße Luft. Selbst die wenigen Beiträge (und ein paar versteckte Goodies), die mehr als nur eine kurze Texttafel zeigen, sind im Grunde genommen nur Zweitverwertungen von Filmausschnitten, die man ohnehin schon kennt. Nervig ist außerdem, dass bestimmte Menübereiche erst dann zugänglich sind, nachdem sie durch Lösung eines Rätsels oder z.B. den Erwerb eines Zauberstabs freigeschaltet wurden.

  • Die Winkelgasse: Nachdem man ein kleines Puzzle gelöst hat, kann man sich hier bei Gringotts mit Barem versorgen und anschließend bei Ollivanders einen Zauberstab und bei Eeylops eine Eule kaufen. Das Ganze ist weder sonderlich originell noch witzig, kann man sich also sparen.

  • Interaktive Tour durch Hogwarts. Hier bewegt man sich auf einer Video-Tour durch Hogwarts. An einzelnen Punkten kann man entscheiden, in welche Richtung man weitergehen soll. Die Interaktivität ist freilich etwas eingeschränkt. Die Kamera ist mit einem Fisheye-Objektiv versehen, weswegen das Bild leicht verzerrt und auch relativ unscharf ist.

  • Die Klassenzimmer: In den Disziplinen "Dunkle Künste", "Verwandlungen", "Zaubertränke" sowie "Zaubersprüche und Zauberkünste" lassen sich verschiedene "Unterrichtsthemen" betrachten. Neben ein paar kleinen Spielereien kann man hier auch einen Ausschnitt des Films in acht verschiedenen Sprachen hören. Und ein wenig versteckt offenbart sich der Weg zum "Stein der Weisen", an dessen Fundstelle noch sieben Deleted Scenes zu sehen sind.

  • Der sprechende Hut: Der sprechende Hut stellt in diesem Menü die vier verschiedenen Häuser vor

  • Die Bibliothek: An dieser Stelle geht es ein geringfügig informativer vor. Zu sehen sind Design-Skizzen, Vorstellungen der einzelnen Film-Figuren - und wieder ein paar kleine Albernheiten.

  • Die Ländereien von Hogwarts: In diesem Menü wird der Filmausschnitt gezeigt, der die Spielregeln des Quidditch erklärt, sowie noch ein paar weitere Details über Quidditch erzählt. Außerdem gibt es noch eine Videotour durch Hagrids Hütte zu sehen, die aber ebenso verschwommen aussieht wie die Hogwarts-Tour.

  • Original-Interviews: Am Ende einer quälend langweiligen Tour durch die DVD-Menüs bekommt man doch noch ein paar Informationen über den Film und die Dreharbeiten zu sehen. Hier wird ein rund 16 Minuten langer Clip mit Statements des Regisseurs Chris Columbus und dem Produzenten des Films gezeigt. Erfreulicherweise ist der sogar sehr sachlich-informativ und bleibt eng an der Story, so dass sich zumindest noch ein paar Hintergrund-Infos dieser DVD entnehmen lassen.

Fazit: Was hätte man nicht alles aus "Harry Potter" machen können, doch die Strategen bei Warner entschieden sich für eine Kiddie-DVD. "Harry Potter und der Stein der Weisen" ist aber selbst unter dieser Prämisse ein extrem lieblos gestaltetes 2 DVD-Set geworden, dessen Extras nicht einmal Kindern längere Freude bringen dürfte und erst recht nicht dem Hype um Harry Potter gerecht wird. Außer den Interviews und versteckten Deleted Scenes kann man mit den Extras dieser DVD kaum etwas anfangen. Warner sollte beim nächsten Mal den Etat der Menü-Designer reduzieren und das gesparte Geld lieber für eine bessere inhaltlichere Gestaltung investieren.

Vereinzelt soll es vorkommen, dass die zweite DVD sich nicht auf DVD-ROM-Laufwerken abspielen lässt. In unserem Test ließen sich aber beide DVDs problemlos mit mehreren DVD-Software-Playern abspielen. Um einen generellen Fehler der zweiten DVD kann es sich also nicht handeln, höchstens um Pressfehler einzelner DVDs oder Kompatibilitätsprobleme mit bestimmten Geräten.

13.05.2002

Review von Karsten Serck (Bild, Ton, Special Features), Tobias Wrany (Film)

Test-Equipment

Test-Equipment:
TV Panasonic TX-W32D3F
DVD-Player Sony DVP-NS900V
AV-Verstärker Yamaha DSP-AZ1