The Virgin Suicides |
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Studio |
American Zoetrope (2000) | |
Verleih |
mediacs (2002) | |
Laufzeit |
92:44 min. (FSK 12) | |
Regie |
Sofia Coppola | |
Darsteller |
Kirsten Dunst, Kathleen Turner, James Woods, Josh Hartnett | |
DVD-Typ |
DVD-9 | |
Fernsehnorm |
PAL | |
Bildformat |
1,85:1 (anamorph) | |
Audiokanäle |
1. Deutsch, Dolby Digital 5.1 2. Englisch, Dolby Digital 5.1 |
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Untertitel |
deutsch | |
Regionalcode |
2 | |
Verpackung |
Amaray-Case | |
Preis |
ca. 20 EURO |
Film
Für die Nachbarsjungen bilden die Fünf Lisbon-Schwestern in mehr als nur einer
Hinsicht ein Mysterium. Abgesehen davon, dass sich beide Seiten in dem überaus kritischen
Stadium der Pubertät befinden, wo das Verhältnis zum anderen Geschlecht permanent neue
und häufig widersprüchliche Erkenntnisse und Gefühle bringt, erschöpfen sich die
Gegebenheiten nicht in dieser schon so mit ausreichend Komplikationen versehenen Lage.
Denn dass sich das unerforschte Land der unbekannten und verlockenden Weiblichkeit so in
einem Haushalt ballt und dann auch noch einem Haushalt, der unter der Ägide ihres
manchmal etwas weltabgewandten Mathematiklehrers Mr. Lisbon (James Woods) und den scharfen
erzieherischen Augen von Mrs. Lisbon (Kathleen Turner) steht, stellt ein weitergehendes
Bollwerk gegenüber ihrem Erkundungsdrang dar.
Es ist dann allerdings der Selbstmordversuch der jüngsten Tochter Cecilia (Hanna Hall) der
die Richtung weist, dass die Träume der Jugend auch ein tragisches Ende nehmen können.
Nachdem auf Anraten des behandelnden Psychiaters, Dr. Horniker (Danny DeVito), die
Zugbrücken der Lisbon-Festung ein wenig herabgelassen und den Mädchen die Veranstaltung
ihrer ersten Party gestattet wurde, kommt es jedoch zur ersten entscheidenden Katastrophe,
denn just an diesem Abend führt Cecilia ihren beim ersten Mal noch gescheiterten Versuch
ihr Leben zu beenden zu seinem traurigen Ende. So tief der Schock bei Familie und
Bekannten auch sitzt, das Leben, mit dem unausweichlichen Schulalltag und seinem
unvermeidlichen Kontakt zwischen den verbliebenen vier Schwestern und ihren
Schulkameraden, fordert seinen zwischenmenschlichen Tribut. Vor allem Lux (Kirsten Dunst)
ist sich ihrer Austrahlung wohl bewusst und zeigt viel weniger Zurückhaltung als ihre
Schwestern Bonnie (Chelse Swain), Mary (A.J. Cook) und Therese (Leslie Hayman) beim
Ausleben ihrer Gefühle. Dies erweckt auch das gesteigerte Interesse des Schulbeaus Trip
Fontaine (Josh Hartnett), der nach langwierigen Vorarbeiten bei Tochter und Eltern sogar
die Erlaubnis erwirken kann, dass er und drei handverlesene Kollegen die Schwestern zum
Hihg-School-Ball ausführen können. Als er und Lux dieses Ereignis jedoch über Gebühr
ausnutzen, schlägt das strenge Reglement des Hauses Lisbon disziplinierend zurück, wobei
auch die an Lux' Exzess unschuldigen Schwestern unter den neuen und ungleich schärferen
Restriktionen zu leiden haben. Während die Nachbarsjungen zunächst noch mittels
Lichtsignalen und Telefon den Kontakt halten, haben sie allenfalls eine unbestimmte
Ahnung, zu welchem tragischen Ausgang sich die entstandene Konstellation innerhalb einer
nur sehr kurzen Zeitspanne noch entwickeln wird.
Bei ihrem Leinwandauftritt vor der Kamera in "The Godfather III" (Der Pate
III) hatte Sofia Copplola von den Kritikern (zu unrecht) mächtig Prügel bezogen. Beim
Betrachten von "The Virgin Suicides" wird allerdings klar, dass es in der Tat
kein Verlust wäre, wenn sie das Schauspielern komplett aufgäbe, jedenfalls wenn so
gewährleistet wäre, dass sie die gesparte Zeit mit Regieführen ausfüllt. Denn
zumindest wenn sie die hohe Einstellung der Messlatte, die sie mit diesem Film gesetzt hat
auch bei zukünftigen Projekten einhalten kann, dann stellte dies eine beträchtliche
Bereicherung des allgemeinen Filmbetriebes dar.
Von der Geschichte der fünf Lisbon-Schwestern wäre eigentlich alles mögliche zu
erwarten gewesen. Ein engagiertes Teeniedrama zum Beispiel, mit herzzereissenden
Gefühlsausbrüchen und unheilvoll zugespitzter Handlung. Oder auch ein deprimierend
realistisches Sittengemälde unterdrückender Familienstrukturen, mit dem Zeug zum
Kultfilm im Kreise lebensleidender Existenzialisten.
Es hat daher schon fast etwas von einem kleinen Kinowunder, wenn die Schilderung eines
mehrfachen Selbstmordes von fünf minderjährigen Mädchen eine solche harmonische,
verträumte, sogar gelegentlich frohgemute Stimmung schafft. Um keine Missverständnisse
aufkommen zu lassen, die existenzvernichtenden Taten der Schwestern werden in keiner Weise
verklärt oder in sonst irgendeiner Weise zu einem positiven Ereignis umgedeutet; aber
gerade dies ist das Bemerkenswerte, dass es Sofia Coppola gelingt, den Schrecken und
Schock bestehen zu lassen und trotzdem den Blick so auf die umgebenden Aspekte des
Geschehens zu richten, dass nicht die pure Hoffnungslosigkeit, sondern vielmehr reine
Melancholie den beherrschenden Ton der Geschichte angibt. Die in eine Rückschau
eingebettete Form des Erzählens lässt ihr den Raum für eine unglaublich unangestrengte
und mit scheinbar willkürlicher Schwerpunktsetzung versehene Erzählweise, die sich ganz
sacht und leise zu dem vollständigen Bild einer vergangenen Zeit, einer kaum
abschließend zu ergründenden Tragödie zusammenfügt.
Einer der Vorteile des Filmes ist es gerade, dass er nicht zwanghaft versucht, die Motive
der Tat bis in ihre letzten Winkel auszuleuchten, aber er nimmt auch keine Zuflucht auf
einfache Lösungen. Denn auch wenn Kathleen Turner die Mutter als in
gewissen Bereichen strenger als der Durchschnitt und von einer unbeirrbaren manchmal
vielleicht zu unbeirrbaren Überzeugung geleitet verkörpert, wird sie doch in keinem
Moment zu einem unmenschlichen oder auch nur unverständlichen "Monster"
aufgebaut, das als alleinschuldiger Sündenbock für den Ausgang herhalten muss. Die
Schauspieler können sowieso ihren Beitrag ohne Fehl und Tadel abliefern. Dabei gleichen
vor allem Kirsten Dunst und Josh Hartnett den Umstand, dass sie für ihre Rollen
eigentlich beide schon einige Jahre zu alt waren durch ihr präzises und
einfühlungsstarkes Spiel wieder aus.
Der allerletzte Schliff mag "The Virgin Suicides" an der einen oder anderen
Stelle vielleicht noch gefehlt haben, aber dies ändert nichts daran, dass es sich um ein
in Erzählung und Form außergewöhnliches und in jeder Hinsicht unbedingt sehenswertes
Stück Kinokunst handelt.
Bild
Ausgehend von diversen, als Schwächen interpretierbaren Merkmalen müsste man den Film für ein paar Jährchen älter halten als seinem tatsächlichen Entstehungsdatum entspricht. So erweist sich das Bild als extrem unruhig und erheblich verrauscht. Außerdem scheint es gewisse Probleme mit dem scharfen Fokussieren der wesentlichen Bildelemente zu haben. Da auf der andren Seite jedoch der Gesamteindruck noch mehr von den plastischen Strukturen, der stimmungsvollen Farbgebung und zwischenzeitlich auch einmal glatten, klaren Bildern geprägt ist, darf davon ausgegangen werden, dass die scheinbaren "Mängel" wohl eher einmal mehr eine gewollte Ausdrucksweise der Regisseurin sind, was immerhin auch einen gewissen Sinn hat, da die unmittelbare, fast schon dokumentarische Erzählweise und der zeitlichen Hintergrund der in den 70ern spielenden Handlung moderne Hochglanzbilder eigentlich schon von sich aus verbieten. So bleiben als echte Minuspunkte aber noch einige überflüssige Nachzieheffekte.
Ton
Mit raumübergreifenden Soundeffekte kann der Film verständlicherweise nicht dienen. Allerdings werden selbst normale Umgebungsgeräusche eher sparsam eingesetzt; wenn dies allerdings doch einmal der Fall ist, überzeugt die Tonqualität mit überragender Präzision, Dynamik und feinster Differenziertheit, was in einem ungemein natürlichen Höreindruck mündet. Weniger gelungen ist allerdings teilweise die Integration der Musikeinlagen, die zwar eine ausgesprochen authentische Atmosphäre verbreiten, da die eingespielten Originallieder aus den Siebzigern sogar mit einem derart überdeutlichen Knacksen alter Vinyl-LPs versehen sind, dass man fast den Verdacht haben kann, diese akustischen Unwuchten wären nachträglich beigemischt worden, um die Authentizität der Stimmung zu unterstreichen; allerdings wird die Abmischung im Vergleich mit den Dialogen und dem Rest des Geschehens häufig zu laut und zu unharmonisch praktiziert.
Special Features
Angesichts des speziellen Pappschubers in dem die DVD steckt, hätte man ja eigentlich
eine besondere Special-
Edition-Sonderausstattung erwarten können, aber dieser Schein trügt. Die Extra-Abteilung
zeigt sich im Gegenteil ausgesprochen knausrig. Es gibt ein "Making Of", dass
mit 23 Minuten auch nicht gerade epische Längen erreicht, aber wenigstens neben den
üblichen Lobeshymnen auch die eine oder andere relevante Information bereithält. Daneben
gibt es dann nur noch den Videoclip zu AIRs "Playground Love", dem Themenlied
des Films sowie den Trailer und eine Fotogalerie. Die Abteilung mit den kurzen
Anspielmöglichkeiten für die Lieder des Soundtracks dürfte dagegen weniger als
spezieller Service gelten, als vielmehr in die Abteilung verkaufsfördernde Maßnahme für
die Soundtrack-CD fallen.
05.06.2002
Review von Tobias Wrany
Test-Equipment
TV: Panasonic TX-28PK1F
DVD-Player: Pioneer DV-343
Dolby Digital / DTS Receiver: Sony STR-DA50ES