Harry Potter und der Stein der Weisen

Original

Harry Potter and the Philosopher's Stone

Anbieter

Warner Home Video (2007)

Laufzeit

ca. 152 min.

Bildformat

2,40:1 

Audiokanäle

1. Englisch, Dolby Digital 5.1 EX
2. Englisch, Dolby True HD 5.1
3. Französisch, Dolby Digital 5.1 EX
4. Deutsch, Dolby Digital 5.1 EX

Untertitel

Englisch, Deutsch, u.a.

VÖ-Termin

16.11.2007
Film  70 %

"Harry Potter" ist als Musterbeispiel für einen vollkommen außer Kontrolle geratenen Medien-Hype zu bezeichnen, der die entsprechenden Folgen nach sich zog. So dürfte es unzählige Leser geben, die sich die Romane über den Zauberschüler nur deswegen zu Gemüte geführt haben, weil er eben gerade "in" ist und auf der anderen Seite dürfte sich so mancher Massenveranstaltungsverweigerer von dem ganzen Trubel abgeschreckt gefühlt und das Buch schon aus Prinzip nicht in die Hand genommen haben. Letzte Wahrheiten sind hier selbstverständlich fehl am Platze, aber es darf durchaus angemerkt werden, dass die bisher erschienenen Bände zwar kaum die massiven Übertreibungen rechtfertigen (aber wo war das schon jemals der Fall ?), sich aber als weit überdurchschnittlich gute Unterhaltung erwiesen haben, mit einem bemerkenswerten Gespür für die richtige Dosis an Spannung und Humor, mannigfaltigen Figuren, die Raum für die eigene Vorstellung lassen (auch wenn mit zunehmender Bandzahl die Tendenz zu einem gewissen schwarz-weiß Schema leider langsam ansteigt) und vor allem einer unglaublichen Fülle kleiner Details am Rande, die alle Bereiche erfassen, von den Gebräuchen, der Geschichte, den Gerätschaften, bis zu den Gewohnheiten der Personen (und Unpersonen), die das Ganze wunderbar abwechslungsreich, stets aufs Neue überraschend und damit mehrfach lesenswert machen.

Bei solchen Voraussetzungen steht eine Verfilmung zunächst mal vor einigen Problemen, denn wenn eine Sache klar ist, dann die, dass es ein Ding der Unmöglichkeit darstellt, die Vorstellung aller, oder auch nur eines überwiegenden Teils der Leser zu treffen. Und da die Entscheidung darüber rein subjektiver Natur ist, lässt sich letztlich auch kein allgemeingültiges Urteil erlauben; Anmerkungen, wie die, dass Alan Rickman als Snape geradezu die Idealbesetzung darstellt, könnte mit vollem Recht von anderen, deren eigene Lesephantasie eine alternative Abzweigung genommen hat, ebenso voller Inbrunst widersprochen werden. Zum Thema Film und Vorlage kann jedoch angemerkt werden, dass der Super-Gau einer Literaturverfilmung glücklicherweise nicht eingetreten ist, der darin bestanden hätte, durch mutwillige Eingriffe in die Geschichte dieser einen bleibenden Schaden zuzufügen, der sich womöglich auf das Lesegefühl übertragen und die erneute Lektüre vergiften könnte.
Entfernt man sich nun mal vorsichtig vom Roman und sieht sich "Harry Potter" allein als Filmkunstwerk an, dann lässt sich einer der prägendsten Eindrücke am besten damit wiedergeben, dass es sich um einen ausgesprochen bunten Film handelt. Und dabei ist keineswegs nur die visuelle Gestaltung angesprochen, auch wenn es auf diese natürlich auch zutrifft, glänzt der Film doch mit einer prächtig illustrierten Inszenierung in prallen Bildern, die in jedem Moment, auch in den (in Hinblick auf die angemessene Stimmung erfreulicherweise ausgesprochen zahlreich vertretenen) düsteren Szenen, mit kräftigen Tönen eine überreale Atmosphäre hervorrufen, die einem großen Film des fantastischen Genres auch zukommen sollte. Aber bunt ist auch die beste Beschreibung für die übrige Gestaltung, die akustischen Sensationen, den quicklebendigen Szenenaufbau und selbst den Aufbau des Drehbuchs. Zwar hetzt der Film nie unnötig kurzatmig voran, sondern lässt immer genügend Zeit und Raum, um den Zuschauer nicht einfach zu überwältigen, aber er teilt unverkennbar seine geistigen Wurzeln mit denen eines perfekt durchorganisierten Jahrmarkts, dessen Ziel es ist, keinen seiner Besucher mit leerem Magen nach Hause zu lassen. Und es lässt sich kaum leugnen, dass dieses Versprechen voll eingelöst wird; soviel, wie bei "Harry Potter" zu sehen und erleben ist, reicht sonst für ein gutes Dutzend an durchschnittlichen Blockbustern.

Was dem Leinwandwerk dagegen fehlt, und zwar gerade deshalb, weil er soviel Inhalt wie möglich aus dem Buch herüberretten und zum allgemeinen Vergnügen ausbreiten konnte, ist das richtige Maß an innerem Zusammenhalt, das eine Filmgeschichte unabhängig von den offensichtlichen Handlungssträngen ausmachen sollte. Dieses unbestimmte Momentum, das einen in die Handlung hineinsaugt und Teil des Geschehens werden lässt, bis dann erst im Laufe des Abspanns das reale Leben wieder seine Vorrechte einfordert, statt nur von außen auf ein fraglos unterhaltsames, aber doch durch einen unsichtbaren Graben sicher abgetrenntes Spektakel zu schauen. In seiner ins episodenhafte spielenden Erzählstruktur, bekommt "Harry Potter" als Film zuwenig eigenständige Kontur und hat ein bisschen etwas von einer Illustration zum Roman in bewegten Bildern.

Da diese jedoch, wie schon erwähnt, so überragend gelungen sind und auch die Aspekte Spannung und Spaß eigentlich keine Wünsche offen lassen, hat "Harry Potter" seinen Erfolg auch als Film indes mehr als verdient, immerhin hat er es durch das exzellente Zusammenwirken sämtlicher Beteiligter, von den Darstellern, über den Regisseur, bis hin zum Drehbuchautor dazu gebracht, in die nicht unbedingt unter akuter Überbevölkerung leidende Riege jener Hollywoodprodukte aufgenommen zu werden, welche die absolute Garantie dafür bieten, dass man sie sich immer wieder zu Gemüte führen kann, ohne dass es selbst beim x-ten Male zu ernsthaften Ermüdungserscheinungen kommen wird. Und sogar für eingefleischte Literaturfreunde hat die Verfilmung den einen oder anderen Vorteil zu bieten, nämlich beispielsweise in einer Sequenz wie dem Quidditch-Spiel (für Potter-Novizen: ein Mannschaftssport, der mit fliegenden Bällen von auf Besen durch die Luft sausenden Mitspielern bestritten wird, zu Einzelheiten wird auf einschlägige Standardwerke wie "Quidditch Through The Ages - Quidditch im Wandel der Zeiten" verwiesen) die aufgrund ihres Actiongehaltes "live" einfach wirklich viel besser wirkt, als nur auf dem Papier.

Wer bislang mit Harry Potter noch nichts zu tun hatte, sollte allerdings lieber zunächst das Buch lesen, bevor er sich die Verfilmung anschaut. Denn es ist nicht zu übersehen, dass "Harry Potter und der Stein der Weisen" primär für diejenigen gemacht wurde, die bereits das Buch gelesen haben. Alle anderen werden sich vielfach überrannt vorkommen von dieser zwar einerseits recht pedantischen, aber nur wenig erklärenden Film-Umsetzung. Alleine für sich betrachtet, bietet der Film zuwenig Story, dafür aber um so mehr kindgerechten Humor und eine Action-Inszenierung, die vornehmlich durch Special Effects auffällt, aber die Dramatik zugunsten einer möglichst niedrigen Altersfreigabe auf ein Minimum reduziert. War der Roman von J.K. Rowling ein modernes Fantasy-Märchen, dass trotz einiger Schwächen sowohl Kinder als auch teilweise Erwachsene ansprach, so werden von dem Film primär Kinder angesprochen, so als ob Erwachsene nur noch die Funktion erfüllen würden, als Erziehungsberechtigte für ihre kleinen Quengelgeister die Kino-Karten zu bezahlen.

 

Bild  76 %

"Harry Potter und der Stein der Weisen" lässt erkennen, dass zwischen dem ersten Film und dem jüngsten Teil der Serie inzwischen schon ein halbes Jahrzehnt steht. So erreicht das Bild in der Gesamtheit nicht ganz die Schärfe von "Harry Potter und der Orden des Phönix" und wirkt auch etwas körniger. Dennoch wirkt das Bild überwiegend recht detailliert und bietet einen guten Schärfe-Vorsprung gegenüber der DVD. Ebenso wie beim aktuellsten Film ist aber auch bei "Harry Potter und der Stein der Weisen" die Schärfe immer wieder leichten Schwankungen unterworfen und lässt auch einige Szenen etwas blass wirken. Die optischen Verfremdungen des Masters lassen aufgrund der harten, etwas überdrehten Kontraste auch bei der HD DVD Details in dunklen Bildbereichen häufiger verschwinden und die gesamte Farbgebung wird durch einen starken Orange/Grünstich dominiert. Die kräftige Sättigung der Farben lässt auch ab und zu Farbrauschen erkennen. Die Kompression arbeitet trotz des körnigen Ausgangsmaterials recht sauber.

 

Ton  85 %

John Williams hat für den Film mit seinem Orchester eine regelrechte "Harry Potter-Symphonie" erschaffen, denn der Score wird nicht nur für atmosphärische Elemente genutzt, sondern spielt in beinahe jeder Szene, in der es irgendwie passt, bombastische Musik-Partituren mit hoher Dynamik ab. Diese erschaffen eine sehr räumliche Kulisse mit einer durchgehend überzeugenden Surround-Wiedergabe. Allerdings wirkt die Musik häufig auch dramatischer als das, was man auf dem Bildschirm sieht und daher stellenweise etwas zu kitschig-überladen. Surround-Effekte werden weniger genutzt, bzw. gehen in dem Musik-Overkill auch schon einmal unter. Deutlich mehr Priorität kommt den Surround-Effekten vorwiegend in den "Quiddich"-Szenen zuteil. Aufgrund des sehr filigranen Klanges mit sauberen Höhen ist der üppige Musikeinsatz aber eine Bereicherung. Dem englischen Dolby TrueHD-Soundtrack gelingt es (in dezentem Maße), speziell im Hochtonbereich das ganze Klangbild noch etwas nuancierter darzustellen und kleine Details etwas mehr zum Vorschein zu bringen.

 

Special Features
  • Making Of: Die Eroberung des Steins / Die Geister von Hogwarts / Jahrbuch-Auszüge / Quidditch-Unterricht / Drachen-Ei-Unterricht
  • Nicht verwendete Szenen
  • US-Kinotrailer
  • Aktivitäten und Spiele: "Um die ganze Welt mit Harry Potter"

Review von Karsten Serck und Tobias Wrany (Film) 20.11.2007