Mascom fordert Ende des "Zertifizierungswahns" für Digital-TV-Receiver 

30.03.2007 (ks)

Der Modulhersteller Mascom fordert einheitliche und offene Standards, um digitales Fernsehen auf jedem Digital-Receiver mit "Common Interface"-Schnittstelle zu ermöglichen. Gerade im Kabel ist der Empfang vieler verschlüsselter digitaler Programme teilweise nur mit durch den Betreiber "zertifizierten" Digital-Receivern möglich. Die Haltung von Mascom ist nicht verwunderlich, da die Firma mit ihren weit verbreiteten "Alphacrypt"-Modulen einen Nachteil durch Verschlüsselungs-Systeme hat, die durch Alphacrypt nicht unterstützt werden und von einem offeneren Markt profitieren würde. Mascom kritisiert die derzeitige Situation mit folgendem Wortlaut:

"Digitales Fernsehen nimmt immer mehr Einzug in die Haushalte Deutschlands. Doch die Zuschauer sind zunehmend unzufrieden über die Reglementierungen durch Pay-TV- und Kabelnetzbetreiber. Besitzer hochwertiger, oft teurer Flachbildfernseher wie z. B. von Loewe, Metz, Technisat und anderen Anbietern sind trotz eingebautem Digitaltuner gezwungen, zusätzlich einen einfachen Receiver ihres Kabelnetzbetreibers daneben zu stellen. Kabelnetz- und Pay-TV-Betreiber gestatten den Empfang der verschlüsselten Programme nur mit ihren eigenen, oft nur mit primitiver Ausstattung versehenen, zertifizierten Receivern. Damit versuchen sie sicherzustellen, dass der Jugend- und Kopierschutz bei bestimmten Kanälen eingehalten wird. Beides wird mit einfachsten Mitteln häufig umgangen und ist demzufolge nur eine Alibifunktion für die Landesmedienanstalten und Rechteinhaber. Premiere-Geräte, auch aktuelle HDTV-Receiver, können jederzeit mit einem kleinen Softwarepatch von Kopier- und Jugendschutz befreit werden.

EIN Common Interface für Premiere, KDG, Kabel BW und Unity gefordert
Dabei könnte der in einigen Bereichen immer noch schleppende digitale Receivermarkt mit dem richtigen Konzept boomen: Man müsste nur das modulare Prinzip der erfolgreichen PC-Welt übernehmen und konsequent das Verschlüsselungssystem als Einsteckmodul (Common Interface) anbieten. Der Zuschauer könnte sich dann seinen Receiver oder Digitalfernseher aus einer bunten Palette an Modellen aussuchen. "Doch Premiere, Kabel Deutschland und auch Unity Media erlauben bis heute keinem Hersteller die Fertigung eines freien Common Interfaces", so MASCOM-Geschäftsführer Heinz Gruber völlig verständnislos. "Wir würden gerne die Lizenzen hierfür zahlen und die Module eigenverantwortlich in den Markt bringen – wenn man uns nur ließe." Das denkbar gute Vermietgeschäft mit billigen Receivern könnte einer der Gründe sein, warum das CI-Modul verweigert wird. Mit verantwortlich an den fehlenden CI-Modulen sind auch die großen Verschlüsselungsanbieter (Conditional Access Anbieter), die CI-Module teilweise durch ihre absichtlich völlig überzogenen internen Sicherheitsrichtlinien regelrecht blockieren. Diese wollen anscheinend lieber von vielen einzelnen Herstellern Lizenzgebühren für in Receiver eingebaute Decoder kassieren als nur von einigen wenigen CI-Modul-Herstellern.

CI-Module sind absolut sicher
Der vorgeschriebene Jugendschutz kann durch ein CI-Modul mindestens genauso sicher erfüllt werden wie bei einem im Receiver fest eingebauten Verschlüsselungssystem. "Wir könnten den Jugendschutz sogar auf Wunsch noch besser dosieren", so Gruber. Den aufkommenden Kopierschutz (oder neudeutsch DRM – Digital Rights Management) sollten die Zuschauer jedoch klar in die Grenzen weisen. "Es kann nicht sein, dass Zuschauer nicht mehr Herr ihrer Videoaufzeichnung oder Festplatte im Digitalreceiver sind, sondern TV-Sender bestimmen wollen wie lange die Aufzeichnung wiedergegeben werden kann", so Heinz Gruber. Bei unseren Nachbarländern wie Italien, Österreich, Schweiz, Skandinavien, Niederlande, Frankreich oder Spanien funktioniert Digital-TV-Empfang auch ohne Kopierschutz und mit Common Interface – warum also nicht auch in Deutschland!

Techniksperren fördern illegale Produkte
Je mehr die Plattformbetreiber Zuschauer durch Techniksperren einschränken, desto schneller wächst der Markt für gepatchte, illegale Produkte aus dem Internet. Die Nachfrage nach dem heute im Markt verfügbaren Premiere CI-Modul ist nahezu Null, da es nur in ganz wenigen lizenzierten Premiere-Receivern funktioniert. Dieses offizielle Premiere-Modul läuft nicht in einem einzigen IDTV-Gerät mit CI-Schacht, wie es von der EU vorgegeben ist. Es wird deshalb vom Zuschauer abgelehnt. Bereits heute greifen die Kunden vermehrt zu illegalen Modulen, mit denen Premiere HDTV oder die neue KDG-Smartcard 09 funktionieren – oft sogar ohne Abokarte! Mehr als 100 Receiver mit sogenannter illegaler Cardless Funktion (kostenlos ohne Karte fernsehen) und über 50 illegale CI-Module sind auf dem Markt! Kundensupport für diese Art von Geräten gibt es nicht, der Zuschauer wird nach dem Kauf alleine gelassen und ist sich der illegalen Handlung oft gar nicht bewusst. Spätestens die Hotline des Plattformbetreibers verzweifelt dann an den vielen unterschiedlichen und nicht richtig funktionierenden Hardwareausstattungen der Zuschauer.

Zuschauer müssen Druck machen
Die Pay-TV- und Kabelnetzbetreiber müssen dieses täglich größer werdende Problem lösen und endlich offizielle, in allen CI-Receivern und IDTV (TV Geräte mit integriertem digital Empfangsteil) funktionierende Common Interface Module zulassen. Jede legal erworbene Abokarte sollte in jedem CI-Receiver funktionieren. "Es nützt doch nichts, auf die Verabschiedung einer 'Common Interface Norm V2.0' mit integriertem Digital Rights Management zu warten, die frühestens in mehreren Jahren einsatzbereit ist. Wir brauchen HEUTE eine vernünftige Lösung für die Zuschauer", so Heinz Gruber. Einfach fernsehen – das will der Zuschauer als Pay-TV-Abonnent. Und um einfach fernsehen zu können darf ein Kunde nicht in die Illegalität getrieben werden.

Die Zuschauer sollten sich die bisherigen Limitierungen bei der Receiverauswahl nicht länger gefallen lassen und eine Öffnung des Marktes bei folgenden Institutionen fordern:

Pay-TV- und Kabelnetzbetreiber (Premiere, Kabel Deutschland, Unity Media, Kabel Baden Württemberg)
Verbraucherzentralen (www.verbraucherzentrale.de)
Landesmedienanstalten (www.alm.de)
Bundeskartellamt, 7. Beschlussabteilung (www.bundeskartellamt.de)
ZVEI - Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie e.V. (www.zvei.de)
Deutsche TV-Plattform (www.tv-plattform.de)"

 

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